Geoinformation und Landmanagement
Géoinformation et gestion du territoire
Geoinformazione e gestione del territorio

Vor 100 Jahren

Der neue Theodolit von Heinrich Wild

In der Schweizerischen Zeitschrift für Vermessungswesen und Kulturtechnik 1925 Heft 5 und 6 berichtet Heinrich Wild über seinen neuen Theodoliten:

Im Jahre 1905, als ich noch bei der schweizerischen Landesvermessung tätig war, habe ich zum ersten Mal versucht, einen neuen Theodoliten zu konstruieren. Wegleitend für die damalige Konstruktion war die von mir auf Grund der Erfahrungen im Gebirge aufgestellte Forderung, dass bei einfachem Achsensystem mit verdrehbarem Kreis die Ablesung von je zwei gegenüberliegenden Kreisstellen in beiden Lagen des Fernrohres vorgenommen werden konnte, ohne dass der Beobachter seinen Platz vor dem Fernrohr verlassen musste. Die Lösung dieser Aufgabe führte dazu, die Bilder der zwei gegenüber liegenden Kreisstellen zusammenzuführen, so dass sie mit einem einzigen Okular beobachtet und mit einem einzigen Schraubenmikrometer ausgemessen werden konnten. Die Zusammenführung der beiden Kreisbilder geschah auf dem mit der Alhidade drehbaren Verdeck des Kreises. Konstruktive Schwierigkeiten und namentlich vollständig ungenügende Ausführung (der Bau von zwei Instrumenten war an eine Berliner Firma vergeben worden), führten zu einem Misserfolg. Man konnte lediglich feststellen, dass es angenehm wäre, wenn man ein Instrument hätte, das die Idee in tadelloser Ausführung darbieten würde. Dieser erste Misserfolg hatte aber gezeigt, dass die Schwierigkeiten gross waren und die Idee blieb alsdann viele Jahre liegen. Schon im Jahre 1907 hatte ich die Entdeckung gemacht, dass man die beiden Kreisstellen gegenläufig abbilden und eine Ablesung in der Weise erhalten kann, dass man zwei gegenüberliegende Striche zur Koinzidenz einstellt, z. B. durch mikrometrische Verdrehung des Kreises. Auf diese Weise hätte man in bequemer Art mit einer einzigen Ablesung das arithmetische Mittel erhalten können. Da ich aber dazumal und noch lange nachher kein Freund der Koinzidenzeinstellung war, so habe ich der Idee keine weitere Folge gegeben. Ich habe sogar etwa im Jahre 1911 einen 21 cm-Theodoliten konstruiert und ausführen lassen, bei dem die beiden Kreisstellen gegenläufig abgebildet waren und bei dem mit einem einzigen Schraubenmikrometer nacheinander die eine und die andere Kreisstelle eingestellt werden konnte; die Trommel hatte für diesen Zweck zwei Bezifferungen in entgegengesetztem Sinne. Die Erfolge mit den Koinzidenzentfernungsmessern und eigene Ableseversuche haben mir später gezeigt, dass bei guter Ausführung die Koinzidenzeinstellung mindestens gleichwertig ist mit der altgewohnten Doppelfadeneinstellung. Die Erfahrungen mit dem neuen Theodoliten zeigen nun, dass bei vollständiger Parallaxfreiheit die Ablesegenauigkeit wesentlich grösser ist als mit dem alten Schraubenmikrometer.

Ende des Jahres 1919 begann ich, wie ich damals annahm, mit der endgültigen Konstruktion eines neuen Theodoliten, der folgende Forderungen zu erfüllen hatte:

1. möglichst kleine Dimensionen und kleines Gewicht;

2. bequeme Handhabung;

3. grössere Unempfindlichkeit gegen Transport, Regen und Staub;

4. Vereinigung der Bilder von zwei gegenüberliegenden Kreisstellen an einer feinen Trennungslinie zur Beobachtung in einem Okular;

5. Abbildung der gegenüberliegenden Kreisstellen durch die hohle Achse, damit die Kreise vollständig dicht eingeschlossen werden konnten und die Mikroskop-Optik eine automatische, genaue Zentrierung erhielt.

6. Anwendung eines optischen Mikrometers von grosser Genauigkeit, aber geringer Empfindlichkeit zur Koinzidenzeinstellung, damit direkt das arithmetische Mittel bis auf einzelne Sekunden abgelesen werden konnte. Jede Sekunde sollte in der Grösse eines Millimeters erscheinen und zwar im Gesichtsfeld des gemeinsamen Okulars.

7. Verwendung von Glaskreisen, weil nur mit solchen zu erwarten war, dass eine gleichmässige Kreisteilungsqualität zu erzielen war.

Ein derartiges Instrument war im Jahre 1920 fertiggestellt und ist beschrieben in der Zeitschrift für Instrumentenkunde, Heft 1, Januar 1925. Es wird daher von weiteren Einzelheiten hier abgesehen.

Im Jahre 1921 ging ich nach meiner Übersiedelung nach Heerbrugg nochmals an eine Neukonstruktion, für die ich die vorstehenden Forderungen 1 – 7 noch ergänzte durch:

8. Ablesung der beiden Kreise direkt neben dem Fernrohrokular, damit vor jeder Ablesung die Stellung des Fadenkreuzes nochmals schnell kontrolliert werden kann und mit Rücksicht auf die Beobachtung auf schwierigen Stationen.

9. Äusserste Steigerung der Leistungsfähigkeit hinsichtlich Ziel- und Ablesegenauigkeit unter Einhaltung des kleinen Gewichts.

10. Zentrische Anordnung der Horizontierlibelle.

11. Vergrösserung des Kippungswinkels bis mindestens ±65°.

12. Äusserste Steigerung der Teilungsgenauigkeit, damit auch das kleine Instrument vorteilhaft für Triangulierungen verwendet werden kann.

13. Leichte und staubdichte Metall Verpackung.

14. Grösstmögliche Festigkeit des Stativs bei Einhaltung eines verhältnismässig geringen Gewichtes.

Es kann nunmehr über diese endgültige Ausführung, die sich in laufender Serienfabrikation befindet, ausführlich berichtet werden….

Siehe https://doi.org/10.5169/seals-189029 und https://doi.org/10.5169/seals-189033

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