Geoinformation und Landmanagement
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Zentralschweizer Seen vollständig vermessen

3D-Seetiefenmodell.

Die Topografie des Vierwaldstätter-, Sempacher-, Sarner- und Baldeggersees ist erfasst worden. Die daraus resultierenden Bathymetrie-Daten beinhalten die Höhenmodelle des Seegrundes mit Informationen zu Wassertiefen und Tiefenlinien im See. Daten zur Seetiefe sind insbesondere im Uferbereich eine wertvolle Grundlage für Bau- und Revitalisierungsprojekte und den Naturschutz im und am Gewässer. Der Flachwasserbereich (bis ca. 10 m Tiefe) weist eine hohe Biodiversität auf und ist gewässerökologisch besonders relevant. Mögliche Anwendungsgebiete betreffen:

  • Simulation von Naturereignissen wie Hochwasser- und Erdrutschprozessen.
  • Navigation für Schiffe oder Taucher.
  • Planung und Unterhalt von Bauwerken im und am Wasser, z.B. von Leitungen.
  • Beschreibung der Veränderung der Unterwasserlandschaft durch Erosion, Ablagerungen und Verlandung zwecks Schutzes vor Naturgefahren oder Umweltschutz.
  • Relevante Grundlage für die Planung von Seeschüttungen für Seeufer-Revitalisierungen.
  • Ökologisch relevante Informationen zu Unterwasser-Lebensräumen von Tieren und Pflanzen, z.B. Fische oder Algen.
  • Wasserversorgung und Bewässerung: Analyse von Wasservolumen anhand von Wassertiefen und Topografie.

Die Vermessung der ufernahen Bereiche bis zu einer Tiefe von 5 m erfolgte anfangs 2023 mittels Laserscanning aus einem Helikopter. Beflogen wurden nebst Vierwaldstätter-, auch der Sempacher-, Sarner- und Baldeggersee. Bereits 2014 erfolgte die Erhebung von Tiefwasserdaten des Vierwaldstättersees mittels Echolots aus einem Boot. Die Daten wurden nun mit den neusten Flachwasserdaten zusammengeführt. Lücken in den bisherigen Tiefwasserdaten konnten anfangs 2024 nacherfasst und geschlossen werden. Weiter konnte der Tiefwasserbereich von Baldegger- und Sempachersee mit Echolot (Boot-Befahrung) vermessen und mit den Flachwasserdaten fusioniert werden. Zusammen mit früheren Vermessungen des Hallwiler- und Zugersees liegen nun für alle grossen Seen des Kantons Luzern Höhenmodelle sowohl im Flach- als auch Tiefwasserbereich vor.

Seetiefenmodelle erlauben nicht nur einen Einblick in die verborgene Unterwasserwelt, sondern ermöglichen auch eine faszinierende Reise in die Vergangenheit. So ist die heutige Form des Vierwaldstättersees stark durch Erosionen der Gletschervorstösse in der letzten Eiszeit geprägt. Während des Gletscher-Rückzugs vor ca. 16’000 Jahren gab es auch Phasen von Gletscherstillstand. In diesen Phasen lagerte sich an der Gletscherzunge viel Schutt ab. Dieser Schutt formte die noch heute vorhandenen Endmoränenwälle. Im Seetiefenmodell kann man diese Endmoränenwälle gut erkennen. Beispielsweise erstreckt sich eine Endmoräne vom eiszeitlichen Reussgletscher zwischen Unter Nas am Bürgenberg und Bürglen bei Vitznau (Abb. 1). Solche Rückschlüsse über die Entstehung der heutigen Landschaft helfen Geologen bei der Abschätzung von Baugrundstabilität oder Naturgefahren.

Abb. 1: Bathymetrie im Bereich Unter Nas und Ober Nas.

Die Beschreibung von Reliefformen im See hilft Naturereignisse in der Vergangenheit besser zu verstehen. Dieses Wissen kommt dem Schutz vor Naturgefahren zugute. So sind Seetiefenmodelle eine wichtige Grundlage für die Simulation von Hochwasser, Erdrutschen oder gar Tsunamis. Im Seetiefenmodell zeigt sich an den abfallenden Seerändern teilweise ein unruhiges Relief. Bei Flussmündungen sind Deltas sichtbar, die als Kegel bis an den Seegrund reichen. Erkennbar sind auch Anrisskanten von Rutschungen sowie deren Ablagerungsgebiet oder sogar Bergsturzablagerungen. Beispielsweise sind zwischen Vitznau und Riedsort Ablagerungen eines grossen Bergsturzes erkennbar. Die Trümmer sind vor rund 3000 Jahren von der Rigi in den See gestützt (Abb. 2). Im Jahr 1601 gab es zudem einen dokumentierten Tsunami mit einer Flutwelle bis Luzern.

Abb. 2: Bergsturz zwischen Vitznau und Riedsort.

Der Kiesabbau in Schweizer Seen ist wichtig für die Baumaterialgewinnung oder das Hochwassermanagement. Die Baggerlöcher des Unterwasserkiesabbaus sind im Seetiefenmodell sichtbar. Der Eingriff kann erhebliche ökologische Auswirkungen haben oder die Uferstabilität gefährden. Ein Monitoring mit Seetiefendaten hilft diese Auswirkungen zu überwachen (Abb. 3).

Abb. 3: Baggerlöcher des Unterwasserkiesabbaus bei Stansstad.

Folgende Organisationen haben die topografische Vermessung der Seen gemeinsam in Auftrag gegeben: Aufsichtskommission Vierwaldstättersee (AKV), Gewässerfachstellen und Geoinformationsfachstellen der Kantone Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Uri sowie Bundesamt für Landestopografie (swisstopo).

Die Daten können über den kantonalen Geodatenshop (https://daten.geo.lu.ch/) kostenlos bezogen und über die 3D-Fachanwendung «Seetiefenmodell» (https://www.geo.lu.ch/3d/seetiefenmodell/) öffentlich visualisiert und analysiert werden. Interessierte erfahren in der interaktiven Storymap (https://www.geo.lu.ch/storymap/seetiefenmodell) zusätzliche Informationen zum Nutzen und zur Entstehung der Daten.

Abteilung Geoinformation der Dienststelle Raum und Wirtschaft des Kantons Luzern

Ansprechperson:
Clemens Oberholzer
Abteilungsleiter und Kantonsgeometer
clemens.oberholzer@lu.ch

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