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Geoinformazione e gestione del territorio

ETHZ News: Vom Pinselstrich zu Pixeln: 100 Jahre Institut für Kartografie und Geoinformation

Das Institut für Kartografie und Geoinformation der ETH Zürich feierte sein 100-Jahre-Jubiläum

Das Institut für Kartografie und Geoinformation der ETH Zürich feierte am 4. September 2025 sein 100-Jahre-Jubiläum mit einem Symposium für Fachleute. Eine Festschrift gibt vertiefte Einblicke in 170 Jahre Kartografie an der Hochschule und richtet sich auch an Laien, die sich für Kartenkunst und gut erzählte Geschichte(n) interessieren. Ob Google Maps, eine Wanderkarte oder ein Weltatlas: Wir nutzen diese Werke im Alltag, um uns zu orientieren oder zu informieren. Dass Karten aber auch eine politische Komponente haben, rief uns jüngst die von einem Staatspräsidenten angeordnete Namensänderung des «Golfs von Mexiko» in «Golf von Amerika» in Erinnerung. Der Schweizer Weltatlas, dem viele von uns im Schulunterricht zum ersten Mal begegnet sind, beschreibt die Karte als Resultat eines Interpretations-, Klassierungs- und Abstraktionsprozesses. Daraus geht bereits hervor, dass eine Karte immer auf subjektiven Entscheiden basiert.

Erfrischend subjektiv ist auch die Festschrift «Ingenieure der Kartenkunst» abgefasst, die das Institut für Kartografie und Geoinformation der ETH Zürich anlässlich seines 100-jährigen Bestehens herausgegeben hat. Hauptautor Lorenz Hurni, der aktuelle Professor für Kartografie an der ETH Zürich, und seine Mitautoren scheuen sich nicht vor Einordnungen und klaren Aussagen, was das Werk lebendig und lesenswert macht. Geprägt ist das Werk durch die Feststellung, dass die Kartografie an der ETH immer wieder von einer Marginalisierung bedroht war. Entsprechendes Gewicht erhält die Institutsgründung, auch wenn diese hauptsächlich auf Pinsel und Farbe beruhte. Doch dazu später. Das Gewicht, das die Autoren dem Institut beimessen, kommt in den beiden Untertiteln der Festschrift zum Ausdruck, die eigentlich zwei Jubiläen antönen. «100 Jahre Institut für Kartografie und Geoinformation» bezieht sich auf das «richtige» Jubiläum, umfasst aber nur vier der bisher sechs ETH-Professoren am Institut. Der zweite Untertitel «170 Jahre Kartografie an der ETH Zürich» macht deutlich, dass das Werk die ganze Zeit seit der Gründung der Hochschule abdeckt. Die Geschichte der Kartografie ist ein wichtiger Teil der Geschichte der ETH Zürich. So erfährt man viel über die Gründung des Polytechnikums im Jahre 1855 und seine Funktionsweise über die ganzen Jahre. Die Festschrift liefert – immer mit dem Fokus auf die Kartografie und Geoinformation – generelle Einsichten darüber, wie Professoren berufen wurden (und werden), wie die Hochschule in den verschiedenen Epochen organisiert war und welche Faktoren zu Anpassungen von Lehrinhalten führen. Details zu Berufungen, zur Ausstattung von Professuren, der Suche nach Drittmitteln, aber auch zu Rivalitäten unter den Wissenschaftlern machen die Lektüre kurzweilig. Zudem bietet die Festschrift Informationen über die Herkunft und Interessen der Professoren. Nicht nur im Text, sondern auch in Form von Karten, Zeichnungen und Fotos. 

Ursprünge der Schweizer Kartografie

Jedem der fünf ETH-Kartografie-Professoren und dem aktuellen Professor für Geoinformations-Engineering ist ein Kapitel gewidmet. Ihnen vorangestellt ist eines zu den Ursprüngen der Schweizer Kartografie. Dieses führt uns ins 16. Jahrhundert, als in der Schweiz die ersten Karten und Reliefs entstanden – oft mit einer militärischen Stossrichtung. Bemerkenswert ist, dass schon die damaligen Werke international Anerkennung fanden. Aus Zürcher Sicht interessant sind Namen wie Johann Jakob Scheuchzer, dem eine Strasse in der Nähe des ETH-Hauptgebäudes gewidmet ist. Er erfuhr Anfang des 18. Jahrhunderts mit seiner Karte namens «Nova Helvetiae tabula geographica» grosse Aufmerksamkeit und trug mit seiner internationalen Ausstrahlung zur Entstehung des englischen Alpentourismus bei. Neben dem Militär und dem Tourismus waren Schulen der dritte Treiber der Kartografie. Mitte des 19. Jahrhunderts machte unter Fachleuten die Dufour-Karte Furore und wurde auch mal als «vorzüglichste Karte der Welt» bezeichnet. Innerhalb der Schweiz galt die erste korrekte kartografische Darstellung des Landes als erste grosse Leistung des eben erst gegründeten Bundesstaates und war damit auch identitätsstiftend. Die Karte wurde vom Topographischen Bureau publiziert, das in der Schweiz bis weit ins 20. Jahrhundert hinein als unangefochtenes Kompetenzzentrum für Kartografie galt. Johannes Wild wurde vom neu gegründeten Polytechnikum, wie die ETH bis 1911 hiess, als erster Professor für Kartografie verpflichtet. Als ehemaliger Leiter des Topographischen Bureaus in Zürich sei er keine Gefahr für die Vormachtstellung der “grossen Schwester” (der heutigen swisstopo) in Bern gewesen, stellen die Autoren gleich zu Beginn des Kapitels fest. Er wird als äusserst vielseitig beschrieben, habe aber aus Sicht der Kartografie seine grössten Leistungen im Kartenwesen vor der Berufung zum Professor erbracht.  An der neu gegründeten Hochschule drehte sich zunächst alles um die Lehre – auch in der Kartografie. Doch Wilds Interesse habe auch in den folgenden Jahrzehnten vor allem der Ausbildung von Ingenieuren gegolten, welche für die grossen Infrastrukturbauten wie die Gotthardbahn dringend benötigt wurden. Als er 1889 im Alter von 75 Jahren zurücktrat, übernahm Fridolin Becker seine Lehrveranstaltungen, der bereits als Assistent bei Wild arbeitete. Die Kartografie fristete ein stiefmütterliches Dasein, schreiben die Autoren. Dies äusserte sich etwa im langsamen Prozess, den Becker durchlief, bis er zum ordentlichen Professor befördert wurde. Der Kartografie habe für Forschung auch die Infrastruktur gefehlt. Neue, für die damalige Zeit sehr innovative Karten habe Becker nur dank Aufträgen von Dritten ausarbeiten können, insbesondere des Schweizer Alpenclubs SAC. Ein besonderes Anliegen war ihm, Karten breiten Volksschichten zugänglich zu machen. So lag sein Fokus auf Schulkarten und Atlanten. Ein Atlas für die Volksschule sollte aber erst sein Nachfolger Eduard Imhof fertigstellen können. Infolge Krankheit hatte dieser bereits in Beckers letzten Jahren die Lehrveranstaltungen übernommen.

Die Gründung des Instituts

1925 wurde Imhof zum ausserordentlichen Professor ernannt und bat um einen eigenen Raum. Als ihm diese Bitte gewährt wurde, wies er die Maler an, über die Tür des Raums «Kartographisches Institut» zu schreiben: Der Anlass für die diesjährige Feier und die Festschrift. Eine klare Regel, was an der ETH Zürich ein Institut ausmacht, fehlte damals. An der Tatsache, dass Imhof der einzige Professor des Instituts und seine Professur mit bescheidenen Mitteln ausgestattet war, änderte die Bezeichnung aber nichts. Eine zweite Professur sollte erst 2010 mit der Berufung von Martin Raubal hinzukommen.

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