Naturgefahren wie Lawinen, Murgänge, Hochwasser, Fels- und Steinschläge sowie Rutschungen sind im Alpenland Schweiz keine Seltenheit. Dennoch werden wir immer wieder von solchen Ereignissen oder deren Ausmass überrascht, teils mit dramatischen Folgen für Menschen und Infrastruktur. Zum Schutz vor Naturgefahrenereignissen existieren vielerorts bereits Schutzbauten. Wo keine baulichen Massnahmen ergriffen werden können oder diese ungenügend sind, kommen Überwachungen zum Einsatz.
Im Rahmen des Herbstkolloquiums vom 15.10.2024 erklärte uns Severin Stähly wie GeoPraevent AG elektronische Überwachungsanlagen für gravitative Naturgefahren entwirft, fertigt, installiert und betreibt. Die üblichen Herausforderungen und wie sie gelöst werden, zeigte er eindrücklich anhand des Beispiels Blockgletscher Hübschhorn am Simplonpass auf.
Die Strasse über den Simplonpass ist eine der vier Alpenübergänge in der Schweiz und das ganze Jahr über befahrbar. Zum Schutz vor Lawinen sind Teile der Passstrasse durch eine Lawinengalerie geschützt. Oberhalb dieser Galerie befindet sich das Hübschhorn (Abbilung 2) mit einem Blockgletscher – grobblockiges, gefrorenes Lockermaterial welches sich hangabwärtsbewegt. Dieses Lockergestein bedroht in Form von Steinschlägen oder bei starkem Niederschlag als Murgänge die Sicherheit der Passstrasse. Zwar ist die Passstrasse durch die Lawinengalerie geschützt, welche jedoch nicht auf die Lasten durch Gesteinsablagerungen ausgelegt ist. Um das Verhalten des Blockgletschers besser zu verstehen und allfällige Massnahmen zu planen, wurde ein Warnsystem, bestehend aus fünf GNSS-Empängern, einer Wetterstation und zwei Kameras installiert. Im Juni 2025 wurde die Galerie jedoch durch einen Murgang gefüllt und für den Verkehr unpassierbar – Personen kamen glücklicherweise keine zu Schaden. Das Warnsystem war nicht mehr ausreichend, ein Alarmsystem wurde benötigt. Um die Personen bei den Instandsetzungsarbeiten zu schützen war dessen Umsetzung dringend. Es wurden ein Dopplerradar zur Detektion von Steinschlägen, ein Pegelradar und Reissleinen zur Murgang Detektion, Kameras für die visuelle Beurteilung der Lage und Kontrolle sowie Ampelsysteme und Alarmhörner installiert.
Zusätzlich musste die Stromversorgung und die Kommunikation der Sensoren sichergestellt werden. Herausfordernd kam hinzu, dass die optimale Position für den Dopplerradar auf der gegenüberliegenden Bergflanke im Lawinengebiet lag. Weder die Stromversorgung noch eine sichere Montage und Unterhalt waren dort realisierbar, weshalb ein Standort am Talboden als Kompromiss gefunden wurde.
Die aufgezeichneten Daten des Dopplerradars zeigten schnell, dass der Blockgletscher deutlich aktiver ist als angenommen. Im Zeitraum von Mitte Juli bis Mitte Oktober wurden rund 1000 Ereignisse detektiert. Diese beschränkten sich aber mehrheitlich auf die Abbruchkante des Blockgletschers, weshalb die Ampeln und Alarmhörner nur betätigt werden, wenn Ereignisse in den definierten Zonen detektiert werden.
Wir möchten uns recht herzlich bei Severin Stähly, GeoPraevent AG, für den spannenden Vortrag und die Einblicke bedanken. Die Aufzeichnung des Kolloquiums finden Sie hier.