Leonz Anton Held wurde am 11. Februar 1844 als Sohn des Musik- und Gesanglehrers Held in Chur geboren. Der Vater entstammte einer hochgeachteten Familie von Zizers, hatte Medizin studiert, kurze Zeit als Arzt praktiziert, um dann aber, seiner Liebe zur Musik nachgebend, die Stelle eines Gesanglehrers an der Kantonsschule in Chur anzunehmen.
Der Knabe Leonz wuchs im Kreise von 11 Geschwistern auf. Er besuchte die Primär- und Kantonsschule seiner Geburtsstadt. Von Vater und Mutter in Liebe erzogen, empfing der Sohn im Elternhaus die Grundlagen für seine spätere Tätigkeit, einen geraden Charakter, ein hohes Pflichtgefühl und Liebe für Kunst und Wissenschaft.
Nach Absolvierung der Kantonsschule bestand der junge Held die bündnerische Geometerprüfung mit bestem Erfolg. Mit 21 Jahren führte er unter dem spätem Oberforstinspektor Coaz die Vermessung der Wälder der Stadt Chur durch. Später beschäftigte er sich in selbständiger Stellung mit Katastervermessungen. Doch zog ihn eine innere Stimme nach einer andern Tätigkeit. Coaz hatte die Befähigung Helds für topographische Aufnahmen erkannt; mit dessen warmer Empfehlung kam er zu Oberst Siegfried, dem Chef des topographischen Bureaus in Bern und am 1. April 1872 wurde zwischen diesem und dem 28-jährigen Held ein Vertrag abgeschlossen, der ihm topographische Aufnahmen im Kanton Graubünden übertrug. Rasch arbeitete sich der junge Topograph in seine neue Aufgabe ein, da sein ganzes Wesen und seine Anlagen ihn dafür prädestinierten. So wurde er denn auch am 16. Januar 1886 zum ersten Topographen des topographischen Bureaus ernannt, mit welcher Stellung die Stellvertretung des Chefs verbunden war.
Bis zum Jahre 1901 entfaltete Held unter den drei Chefs Oberst Siegfried, Oberst Dumur und Oberst Lochmann eine äußerst fruchtbare Tätigkeit als Gebirgstopograph. Von Neuaufnahmen nennen wir die Blätter Lenz, Savognin, Tarasp, Diablerets, Pillon, Lavey, Mordes. Er besorgte die Revision von 28 Blättern 1:50’000 im Bündnerland und im Tessin. Viel Beachtung hat auch die von ihm durchgeführte Felszeichnung in den Blättern Säntis und Churfirsten 1:25’000 gefunden.
Die topographischen Aufnahmen Helds zeichnen sich durch hohe Genauigkeit und eine hervorragende Wiedergabe der Detailformen des Geländes durch die Horizontalkurven und die Felszeichnung aus; sie gehören zum Besten, was auf diesem Gebiete geleistet worden ist. Das Blatt Tarasp gilt als Muster der klassischen Schweizer Topographie.
Nach dem Rücktritt von Oberst Lochmann im Jahre 1901 wurde Held vom Bundesrat provisorisch zum Chef des topographischen Bureaus ernannt, da eine Neuorganisation dieses Bundesdienstes vorgesehen war. Im Jahre 1902 wurde die selbständige Abteilung für Landestopographie beim Schweizerischen Militärdepartement geschaffen und Held zu deren Direktor gewählt.
Seine Tätigkeit in dieser Stellung ist durch folgende unter seiner Leitung durchgeführte größere Arbeiten gekennzeichnet:
Durchführung eines neuen Präzisionsnivellements der Schweiz von hervorragender Genauigkeit und wissenschaftlich korrekter Durchführung.
Ergänzungsarbeiten zur Schweiz. Triangulation, veranlaßt durch die eidgenössische Grundbuchvermessung.
Einführung der neuen winkeltreuen schiefachsigen Zylinderprojektion.
Herausgabe der Schweiz. Schulwandkarte.
Held beschäftigte sich auch intensiv mit Projekten zur Einführung einer neuen topographischen Karte 1:100’000. Durch die Mobilmachung vom Jahre 1914 wurden diese Vorarbeiten, die nahe vor ihrem Abschlüsse standen, unterbrochen, weil es nicht anging, in dieser Zeit die Störungen, die mit der Einführung einer neuen Karte verbunden sind, auf sich zu nehmen.
Als Direktor verstand es der Verstorbene, seine Mitarbeiter zu selbständiger, verantwortungsfreudiger Arbeit heranzuziehen. Allen seinen Untergebenen war er ein väterlich wohlwollender Vorgesetzter. Wo er Vertrauen gefaßt hatte, zeigte er es in herzerfrischender Weise und förderte die Betrauten in vorbildlicher Art. Es ist daher nur natürlich, daß alle, die unter ihm gearbeitet haben, ihrem hochgeachteten Chef Liebe und Dankbarkeit entgegenbrachten und alles aufboten, sein Vertrauen zu rechtfertigen.
Im Jahre 1920 wurde Held von einer schweren Krankheit befallen, die ihn veranlaßte, auf den 31. Dezember 1920 den Rücktritt von seinem Amte zu nehmen. Kurz vorher hatte er seine treue Lebensgefährtin, eine geborene Locher von Ems, durch den Tod verloren, mit der er seit 1873 in harmonischer Ehe gelebt hatte. Ueberraschend bald erholte er sich trotz seines Alters, und so durfte er, frei von den Lasten seines Amtes, einen friedlichen Lebensabend genießen, liebend umgeben von seinen drei Kindern, zwei Töchtern und einem Sohne, deren Gatten und seinen zehn Großkindern.
Neben seinem Amte war Held auf verschiedenen, mit seinem Beruf eng verbundenen Gebieten in hervorragender Weise tätig.
Die Geographische Gesellschaft Berns zählte ihn zu ihren eifrigsten Mitgliedern und während einer Amtsdauer auch zu ihrem Präsidenten. Der Schweizerische Alpenklub verlieh ihm in Würdigung seiner hervorragenden topographischen Tätigkeit seine Ehrenmitgliedschaft. Im Bernischen Ingenieur- und Architektenverein, dessen Mitglied er war, nahm er ein reges Interesse an allen behandelten Fragen.
Nebenamtlich führte Held lange Zeit die Vermessungen des Rhonegletschers in vorbildlicher Weise durch. Aus Anlaß des Erscheinens des „Monumentalen Werkes der Vermessungen am Rhonegletscher, 1874—1915″ verlieh ihm die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich den Doktor der technischen Wissenschaften ehrenhalber, „in Würdigung seiner Verdienste als Mitarbeiter und Leiter der schweizerischen Landesvermessung bei ihrer wissenschaftlichen und praktischen Durchführung“.
Als Mitglied der Schweizerischen Gletscherkommission und der Schweizerischen geodätischen Kommission, zwei Organen der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft, stellte Held seine hervorragende Kenntnis unseres Landes in den Dienst wissenschaftlicher Arbeit.
Als die Vorarbeiten zur Durchführung der Eidgen. Grundbuchvermessung in den Jahren 1908 bis 1910 an die Hand genommen wurden, zog ihn der Bundesrat dazu herbei. Er präsidierte die Kommission, welche mit der Aufstellung eines Entwurfes für die Instruktion zur Grundbuchvermessung betraut war. In Anerkennung seiner großen Verdienste um diese Arbeiten und das schweizerische Vermessungswesen im allgemeinen verlieh ihm der Schweiz. Geometerverein im Jahre 1910 seine Ehrenmitgliedschaft.
Militärisch bekleidete Held den Grad eines Oberstleutnants der Artillerie. Als Hauptmann hatte er eine Gebirgsbatterie kommandiert.
Am 5. Februar 1925 verschied Held im Alter von nahe 81 Jahren nach kurzer Krankheit sanft und ohne Todeskampf.
Bei der Kremation, die am 7. Februar im Krematorium der Stadt Bern im Beisein eines großen Leichengeleites von Freunden und Verehrern des Verstorbenen stattfand, wurden dessen Verdienste gewürdigt durch Direktor Möhr, Chef des eidgenössischen Auswanderungsamtes, der im Namen der Familie und der engern Landsleute sprach, durch Oberst v. Steiger, Direktor der Eidgen. Landestopographie, im Namen dieses Amtes, durch Prof. Dr. Nußbaum im Namen der Geographischen Gesellschaft und des Schweiz. Alpenklubs, durch Prof. Dr. Mercanton im Namen der »Schweiz. Gletscherkommission, durch a. Direktor Haller im Namen der persönlichen Freunde und durch den Unterzeichneten im Namen der Schweiz, geodätischen Kommission, der Eidgen. Technischen Hochschule, des Schweiz. Geometervereins und als persönlicher Mitarbeiter.
Mit alt Direktor Leonz Held ist ein gottbegnadeter Topograph, ein treuer Diener unseres Landes und ein guter, lieber Mensch dahingegangen. Friede seiner Asche.
(F. Baeschlin in der Schweizerischen Zeitschrift für Vermessungswesen und Kulturtechnik 1925, Heft 3)
https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=geo-003%3A1925%3A23%3A%3A89